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A. D. G., geboren am 19. Dez. 1947 in Tours als Alain Fournier, war eine der schillerndsten und unbequemsten Figuren des französischen ‘Neo-Noir’. “Anarchist der Rechten”, “Provokateur aus Prinzip” – das waren gängige Überschriften, wenn über den Autor geschrieben wurde.
Bereits im Alter von zwölf Jahren ging er, in einem Akt der Rebellion gegen sein linksorientiertes Elternhaus (Großvater Kommunist, Vater Sozialist), als Kadett auf eine Militärschule. Nach drei Jahren und mehreren Disziplinarstrafen musste er die Schule verlassen, wurde Kassierer beim “Crédit lyonnais” und schlug sich dann als Buch- und Antiquitätenhändler auf dem Flohmarkt durch – Spezialität: alte Waffen.
1968 machte er Bekanntschaft mit Michel-Georges Micberth, Vorkämpfer einer rechtsgerichteten literarischen Vereinigung. Alain Fournier wurde Herausgeber der Zeitschrift der Gruppe und begann selbst zu schreiben. Die Namensgleichheit mit Alain-Fournier, dem berühmten Autor des “Großen Meaulnes”, veranlasste ihn, sein literarisches Pseudonym, A. D. G. (Alain Dreux Galloux), anzunehmen. Von der Gruppe um Micberth trennte er sich bereits nach kurzer Zeit, als ihr Treiben ihm zu sektiererisch wurde.
1971 schrieb er in sechs Tagen seinen ersten Kriminalroman, La divine surprise, der noch im gleichen Jahr in Gallimards ‘Série noir’ veröffentlicht wurde. Ebenfalls im gleichen Jahr kam dort Jean-Patrick Manchettes Debüt-Roman L’affair N’Gustro heraus. Beide Titel markierten einen Wendepunkt im französischen ‘Noir’: die Entwicklung einer temporeichen und lakonischen Erzählweise, die Orientierung an Vorbildern des amerikanischen Hard-boiled Krimis. So ungleich die beiden Autoren in ihren politischen Standpunkten auch waren: Ein Jahrzehnt lang drückten sie von nun an dem französischen ‘Neo-Noir’ gemeinsam ihren Stempel auf und präsentierten sich als seine besten Vertreter.
Anfang der achtziger Jahre ging A. D. G. nach Neukaledonien, dem französischen Übersee-Departement, blieb dort und gab die Zeitschrift Combat calédonien heraus, die sich gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in Neukaledonien stark machte. Paradoxerweise stammt aus dieser Zeit seine Leidenschaft für die Völker Ozeaniens und sein Interesse für Ethnologie.
Von 1991 an lebte A. D. G. wieder in Paris, wo er für verschiedene Zeitungen der politischen Rechten tätig war. Als Kriminalautor geriet er in dieser Zeit mehr und mehr in Vergessenheit. Umso größer die Überraschung, als 2003, höchst lebendig und literarisch in Bestform, ein neuer Kriminalroman von A. D. G. erschien, Kangouroad Movie (so die französchische Schreibweise des Titels), der erste seit 15 Jahren, der 18. bei Gallimard, herausgebracht in der Leitserie des Verlags in Sachen Kriminalroman, La Noire.
Der Autor erscheint darin unerwartet gereift: Er hatte seine Liebe zur Natur entdeckt, und er zeigte seine Sympathien dem Volk und der Kultur der Aborigines gegenüber. “Auch wenn er seine politischen Überzeugungen nicht aufgegeben hat – es sind die Aborigines, die in seinem neuen Buch am besten wegkommen, die die wahren Helden sind“ (Josiane Guéguen, Ouest France). Die Kritik in Frankreich erkannte sofort, dass es sich bei Kangouroad Movie um ein Meisterwerk handelt, und zollte dem Autor mit mehrseitigen Beiträgen und Leitartikeln Respekt, in der rechten wie auch in der linken Presse. Der Nouvel Observateur sprach von einer “Mystik der Landschaft“, einer “vergessenen und wiederentdeckten Musik“, und Pascal Esseyric titelte einen Beitrag über Kangouroad Movie in der Zeitschrift Élements: “Der erste polytheistische Krimi“; der Roman sei, so Esseyric, “erfüllt von einer echten Faszination für die Natur. Die Erlebnisse der zwei Helden sind letztlich nur ein Vorwand, um, mit üppigen Details zu Fauna, Flora und Geographie, dieses verzauberte Traumland zu ergründen und mit ethnographischer Präszision voller Wärme und Respekt zu beschreiben.“
Alain Fournier starb am 2. November 2004 in Paris.
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